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PIOTR KLEMENSIEWICZ: EINE AUTOBIOGRAFISCHE UND SEHR PERSÖNLICHE ARBEIT

27/04/2021

Der 1956 in Marseille geborene Piotr Klemensiewicz studierte an der Kunsthochschule Marseille, an der er heute auch lehrt. Nach dem Studienabschluss 1979 gründet er zusammen mit weiteren Künstlern (G. Autard, G. Fabre, F. Mezzapelle ...) das Atelier de Lorette. Er verlässt das Atelier 1986, als es von der Stadt erworben wird, und beginnt seine Lehrtätigkeit an der Kunsthochschule. Er meint, dass die Lehre seine künstlerische Tätigkeit beeinflusst, ohne diese jedoch zu behindern. Seine Arbeit als Pädagoge lebt er heute als ein Engagement, wie die Professoren, die er als Student selbst erlebte. Aus Anlass zweier Ausstellungen in Montréal (1999 und 2000) verbrachte er längere Zeit in Kanada und unterrichtete an der Université du Québec à Montréal. Hochschulen sind ein idealer Ort für den Austausch, trotzdem ist es wichtig zu reisen. Klemensiewicz arbeitet mit der Galerie Baudoin-Lebon in Paris zusammen, in der seine neue Ausstellung stattfindet.

Ihre neue Ausstellung findet in Paris, in der Galerie Baudoin-Lebon statt. Welches sind Ihre neuen Werke?

Piotr Klemensiewicz: Es sind einerseits sehr großformatige Bilder, die den Großteil der Galeriewände einnehmen, sowie eine umfangreiche Serie Landschaftsbilder, die ich fotografiert und weitgehend übermalt habe. Diese Serie mit dem Namen "Never been there" entstand in meinem zweiten Atelier, in Berlin, wo die Arbeit persönlicher, autobiografischer wird. Die großen Bilder setzen die polychrome Arbeit mit Streifen und der Überdeckung zuvor bemalter Untergründe fort, die den Eindruck erwecken, monochrom bleiben zu können.
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Sie sind ein Künstler, der in Marseille lebt, haben jedoch einen weiteren Lebensort in Berlin. Warum diese Stadt?

Piotr Klemensiewicz: Meine in Polen geborenen und während des Zweiten Weltkriegs beide im Widerstand aktiven Eltern sind durch die Zufälligkeiten der Geschichte nach Marseille gelangt. Mein Vater hat diese Stadt sofort gemocht. Meine Mutter hat umsonst auf die unmögliche Rückkehr in ihre Heimat gewartet. Nach vielen Reisen hatte ich vor einigen Jahren den Wunsch, mich anderswo niederzulassen. Die Idee eines zweiten Ateliers hat mir neue Projekte eröffnet. Ich wollte nicht nach Polen gehen, um den Faden der Familiengeschichte zurückzuspulen, doch der Norden Europas zog mich an. Von Berlin hatte ich nur Positives gehört, beim ersten Besuch hat mich die Stadt für sich eingenommen. Die künstlerische Gemeinschaft ist groß und international. Die Malerei ist sehr aktiv und verfügt über eine aktuelle Geschichte.

Sie haben auch in Asien ausgestellt – in China und Korea. Können Sie uns sagen, woher Sie Ihre Inspirationen nehmen? Wie gestalten Sie Ihre Ausstellungen in Asien?

Piotr Klemensiewicz: Südkorea und die Maler, die ich dort traf, haben es mir gestattet, meine Arbeit zu überdenken. Die Malerei ist dort eine Tätigkeit, die sich sehr viel weniger um ihre Legitimität, ihre Geschichte und ihre Zukunft kümmert. Sie ist in physischem und spirituellem Sinne sehr autonom und interaktiv. Wenige Spekulationen über ihren nahenden Untergang oder die ewige Wiederkehr... In China gibt es ein sehr präsentes, ja brutales Verhältnis zur Wirklichkeit und zur modernen Bildlichkeit. Und gleichzeitig ist die Virtuosität mancher Künstler beeindruckend. Ich treffe keine besondere Auswahl, wenn ein Ausstellungsprojekt ansteht. Ich merke nur, dass bestimmte Serien meiner Arbeit häufig bevorzugt werden. Insbesondere die "Tintenfässer" und die "Haufen".

In Ihren Werken gibt es stets die Idee des Mysteriums. Können Sie uns mehr dazu sagen?

Piotr Klemensiewicz: Dies ist der autobiografische Aspekt, von dem ich anfangs sprach. Autobiografisch heißt nicht unbedingt erzählend. Zahlreiche erlebte Geschichten habe ich mit einem ein nach und nach entwickeltes Bildspektrum transformiert. Manche betreffen die Politik, die Philosophie, andere das Dekorative. Dahinter steckt die Idee, dass das Bildliche über psychologische Motive hinausgehen soll. Es ist immer ein gewisses Risiko, nahe an der Wirklichkeit zu malen. Sie kann geschwätzig und demonstrativ wirken, oder aber zum Rückgrat eines künstlerischen Projekts werden.
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Überlagerungen von Schichten, Verdichtungen sind in Ihren Werken sehr präsent. Warum?

Piotr Klemensiewicz: Manche Indianerstämme befestigten Zweige an den Schwänzen ihrer Pferde, um ihre Spuren zu verwischen. Anstelle der Hufabdrücke blieben nur lang gezogene Schleifspuren. Ich sehe die Tätigkeit des Malens oft in diesem Spannungsfeld zwischen Entstehung und Auslöschung. Etwas Dargestelltes oder eine abstrakte Oberfläche überdeckt immer eine entsprechende Oberfläche, die dem Endzustand vorausgeht. Es gibt kein Haus, kein Streifen, keine Leiter. Die Serie der "Encombrements" (Verdichtungen) war so figurativ wie möglich, lehnte die Idee eines Gegenstandes jedoch ab. Ich malte Fragmente von Objekten am Rande des Gemäldes. Im Zentrum gab es nichts Gegenständliches. Mein Wunsch war es, der Farbe Platz zu machen.
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Wie gehen Sie die Realisierung Ihrer Werke technisch an?

Piotr Klemensiewicz: Mit den Elementen, die ich gerade beschrieben habe: Sie entsprechen den Bearbeitungsstufen des Gemäldes, manchmal in anderer Reihenfolge. Die Kluft zwischen Absicht und Umsetzung ist enorm. Ich versuche Regeln zu vermeiden, da sie meine Arbeit mechanisch und vorhersehbar machen würden. Mit Acrylfarbe kann ich zu jeder Jahreszeit Texturen variieren, die die vielfältigen Möglichkeiten der Malmittel nutzen und die mir zuweilen diktieren, was zu tun ist.

Gibt es Maler, auf die Sie sich beziehen?

Piotr Klemensiewicz: Zu viele oder gar keine, je nach dem Tag. Seit einigen Jahren kommuniziere ich oft mit einem südkoreanischen Künstler, Lee Kang So. Er hat auf seinem Weg Performances und Videos gestaltet. Heute arbeitet er jedoch mit der Fotografie und der Malerei. Unsere Kommunikation besteht einfach darin, Eindrücke zu unseren Gemälden und Fotografien auszutauschen. Ich liebe die Malerei im weitest möglichen Sinne und kann sie überall um mich herum spüren, mit oder ohne Pinsel in der Hand. Es ist eine künstlerische Tätigkeit, die vor allem unsere Wahrnehmung entwickelt. Viele Künstler haben Teil an dieser Entwicklung.

Als ich Ihre Arbeit zum ersten Mal sah, malten Sie Wolken und nannten das Gemälde "Lüge". Was hat das zu bedeuten?

Piotr Klemensiewicz: Die Lüge interessierte mich als mentaler Sachverhalt, als bildliches Konzept. Daher musste ich ein Bild finden, eine Form, ein Zeichen. Ich dachte an eine geschlossene Form. Die Wolke ist ein äußerst bildhaftes Objekt, während die Lüge ein Grundelement in der Idee der bildlichen Darstellung in der Malerei ist. Außerdem hatte ich Freunde gebeten, eine Allegorie für dieses Wort zu zeichnen. Alle zeichneten verschiedene Formen, die jedoch ohne Ausnahme geschlossene Formen waren. Da die Figur der Wolke von Bestand war, malte ich eine Reihe von (Farb-)"Haufen", über denen diese Lüge zu schweben scheint.
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In Ihrer Arbeit nutzen Sie die Farbe sehr intensiv. Was würden Sie gern machen, was Sie bisher noch nicht getan haben?

Piotr Klemensiewicz: Ich finde, Farben haben eine eigene visuelle Sprache, die die Worte verstummen lässt. In bestimmten Kulturen und Gegenden der Welt ist die Farbe mehr oder weniger das bestimmende Element der Bildsprache. Im Westen ist dies nicht der Fall, es sei denn, wir nehmen Kategorien hinzu, die sich im Laufe der Zeit selbst erschöpft haben: den Fauvismus, Expressionismus ...Die Verwendung zu vieler Farben scheint für manche gefährlich zu sein. Zwei oder drei Farbtöne sind für sie zwingender, solider. Ich habe dies sehr früh verstanden und wollte eine gewisse Maßlosigkeit riskieren. Es ist eine ästhetische und politische Entscheidung und keine Frage des Temperaments ...Durch diese Entscheidung reise ich mit meiner Arbeit viel besser. Dank der Firma Pébéo kann ich die Frage des Bildlichen seit einigen Jahren mit substantiellen Mitteln erkunden. Die Entwicklung neuer Stoffe ermöglicht es mir zudem, neue Texturen zu schaffen, aus denen neue Farben und neue Projekte entstehen.

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