PÉBÉO URBAN ART-PREIS: YANDY GRAFFER IM PORTRAIT
16/06/2021
Anlässlich der 5. Ausgabe des von Pébéo organisierten internationalen Mixed Media-Wettbewerbs haben wir ein Interview mit Yandy Graffer geführt, dem Gewinner des 1. Preises;
Bitte stelle dich und deine künstlerische Arbeit vor.
Ich bin Abrahan Portocarrero, alias Yandy Graffer, geboren 1992 und aus Lima, Peru. 2006 habe ich mit Graffiti angefangen. Damals habe ich hauptsächlich Aerosol verwendet, bevor ich mich mit großformatigen Wandbildern beschäftigt habe. Danach konnte ich mich durch meine Ausbildung an der Nationalen Kunstakademie in Lima auch für den Holzschnitt interessieren. Holz ist seither eines der Materialien, die ich besonders mag. Meine Arbeit im Atelier ist zudem die Synthese all dessen, was ich in meiner langjährigen künstlerischen Praxis lernen und entdecken konnte. Ich tendiere immer mehr zur Kombination von Materialien. Diese Form der Mixed Media habe ich auch in meinem Werk „El futuro del fin de los tiempos“ (dt. Die Zukunft der Endzeiten) angewendet. Mein Stil ist ausdrucksstark und farbenfroh. Linie und Konturen dominieren. Seit einiger Zeit konzentriere ich mich auf ein neues Universum, hin zu einer persönlichen Reflexion über den Sinn des Lebens.
Dein Universum, durch die dargestellten Charaktere und die verwendeten Farben, ist eine echte Einladung zum Reisen. Woher nimmst du deine Inspiration als Künstler?
Meine Hauptinspiration ist und bleibt Peru, ebenso wie das Leben, das ich dort hatte. Meine Kindheit, meine Erinnerungen sind wiederkehrende Elemente in meinen Arbeiten. Es gibt zum Beispiel viele Anspielungen auf die maritime Welt, denn ich stamme aus einer Fischerfamilie. Dann denke ich, dass mich der kosmopolitische Aspekt Limas, den ich auch in meinem Innersten wiederfinde, enorm beeinflusst hat. Schon allein durch meinen Lebenslauf bin ein multikultureller Mensch. Ich habe also eine peruanische Kultur, die aus meiner Jugend stammt, aber ich habe mich auch in alle Traditionen integriert, die die französische Kultur ausmachen. Das liegt daran, dass ich seit vier Jahren in Lyon lebe. Ich bin auch sehr inspiriert von urbaner Musik und insbesondere ihrer Entwicklung von den Anfängen bis heute: Reggae, Reggaeton, Hip-Hop, alles was mit afrikanisch inspirierter Musik zu tun hat. Schließlich, und ich denke, dass man dies in meinen neuesten Arbeiten häufig beobachten kann, bin ich sehr von japanischer Kunst, Kultur und Anime inspiriert. Mit meinem Studium der Druckgrafik an der Nationalen Kunstakademie begann ich, die Geschichte der japanischen Druckgrafik zu studieren und war sofort fasziniert. Irgendwann, ob durch meine Kindheit und die Animationsfilme, die ich geschaut habe, durch mein Studium oder durch meine zukünftigen Projekte, war alles mit Japan verbunden, und das auf eine fast unbewusste Weise.
Was möchtest du mit deiner Arbeit ausdrücken?
Ich bin vor allem darum bemüht, meine Identität als Person bekannt zu machen. Ob es meine Kindheit ist, mein Leben in Lima, meine Leidenschaften... alle meine Werke sind ein Schlüssel zu meiner Persönlichkeit. Sie sind, jedes Werk auf seine Art, ein echter Teil von Yandys Leben. Ausgehend von dieser Basis habe ich dann einen Charakter geschaffen, der mich repräsentiert, er ist mein Alter Ego. Er ist das, was ich bin, was ich anstrebe und was ich liebe. Dieser Charakter ist der handwerkliche Fischer. Es bedeutet mir sehr viel, weil es sich auf meine Familie bezieht, auf meinen Großvater, der Fischer in Peru war. Dieser Fischer ist nicht nur eine Darstellung meiner selbst, sondern auch eine Allegorie meiner Vergangenheit, meiner Gegenwart und meiner Zukunft.
Was hat dich dazu bewogen, dich für diesen Preis zu bewerben?
Vor allem, weil ich viele Pébéo-Produkte verwende. Und dann hat mich der Umstand gereizt, dass dieser Wettbewerb für Künstler offen war, die wie ich, mit unterschiedlichen Medien arbeiten.
Kannst du uns bitte etwas über dein Werk El futuro del fin de los tiempos erzählen, mit dem du an diesem Wettbewerb teilgenommen hast.
Diese Arbeit ist für mich die eigentliche Darstellung der Evolution des Lebens Die weibliche Figur repräsentiert meine Tochter Luz. Sie markiert bereits eine sehr wichtige Etappe in meinem Leben und in meiner Entwicklung als Mensch, aber vor allem als Vater. Sie hat ihren Fuß auf einer Uhr: sie ist die Herrin der Zeit. Von dieser Uhr geht ein Funkeln aus, das die Materialien des Lebens anzutreiben scheint (kleine Kugelformen mit Augen, einem Mund usw.), die sich ebenfalls mit der Zeit entwickeln werden. Mit dieser Figur wollte ich verdeutlichen, dass Zeit ein zentrales Element des Lebens ist. Wenn die Zeit stehen bleibt, dann kann es keine Zukunft und damit keine Evolution geben. Die Tatsache, dass sie die Geliebte ist, bedeutet, dass sie die Zukunft ist. Neben ihr steht die Figur des Fischers, der mich repräsentiert, sowie meine persönliche Identität mit der Art, wie ich mich kleide: meine futuristische Sonnenbrille und alles, was meine eigene Identität ausdrücken kann. Diese Figur ist mein Alter Ego. In Verbindung mit Luz symbolisieren diese Charaktere Hoffnung und Leben. Doch Luz zerbricht die Uhr, auf der sie steht, sie hält die Zeit an. Diese Unterbrechung der Zeit ermöglicht das Erscheinen einer höheren Wesenheit: in der Form der Sonne. Die drei weiteren Charaktere sind Bezugnahmen auf meine Erinnerungen. Sie gehören in das Reich der Träume und Ideale. Sie entspringen meiner Fantasie. Schließlich stellt dieses Werk die Wiedervereinigung zweier Universen dar; das erste, das auf meinem Leben basiert und der Realität nahe kommt, und das zweite, das von meinen Träumen und Erinnerungen inspiriert ist. Das Anhalten der Zeit taucht all diese Charaktere in dieselbe Dimension, in der sie sich endlich begegnen und austauschen können.
Du hast bereits an vielen Events in Peru teilgenommen, ebenso wie in jüngerer Zeit in Lyon, was sind deine Wünsche für die Zukunft?
Ich möchte noch mehr in die Welt der Kunst eintauchen und mich darin wirklich entfalten können. Außerdem würde ich mich gerne der Welt der japanischen Drucke noch mehr annähern, mit einer Reise in dieses Land und einer Zusammenarbeit mit einigen Künstlern. Schließlich würde ich sehr gerne mehr Ausstellungen in Paris und in allen Hauptstädten der Welt machen können. Da ich ein multikultureller Mensch bin, strebe ich danach, immer mehr Kulturen, Bräuche und künstlerische Techniken zu entdecken.
Weitere Informationen findest du auf dem Instagram-Account von Yandy Graffer.
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